Von Dominik Weyand

Einleitung

Die Europäische Union hat eine überarbeitete Version ihrer Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit (NIS-2) verabschiedet, die Unternehmen dazu verpflichtet, ihre digitalen Systeme und Dienste besser zu schützen. Der deutsche Gesetzgeber muss daher bis zum 17. Oktober 2024 diese Richtlinie in den deutschen Rechtsrahmen einbinden. Aufgrund zunehmender Cyberbedrohungen und dem stetig wachsenden Risiko von Cyberangriffen auf kritische Infrastrukturen ist diese Aktualisierung notwendig. Im Folgenden werden die wichtigsten Anforderungen der NIS-2 Richtlinie erläutert. Im Anschluss wird dargestellt, welche Maßnahmen die betroffenen Unternehmen umsetzen müssen.

Die NIS-2-Richtlinie

Die NIS-2-Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Unternehmen und Dienstleistungsanbietern. Sowohl Unternehmen im Bereich der kritischen Infrastrukturen als auch digitale Dienstleister wie Cloud-Computing-Anbieter fallen unter diese Richtlinie. Die folgenden 18 verschiedenen Industrie- und Dienstleistungssektoren fallen in den Geltungsbereich, sofern sie mehr als 50 Mitarbeiter haben und einen Jahresumsatz von mindestens 10 Mio. € erwirtschaften:

Unternehmen, die gegen die Bestimmungen von NIS-2 verstoßen, können mit finanziellen Sanktionen belegt werden. Es ist daher entscheidend, dass Unternehmen die Anforderungen der Richtlinie ernst nehmen und angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit ihrer digitalen Infrastruktur zu gewährleisten.

Anforderungen an Betreiber kritischer Infrastrukturen

Betreiber kritischer Infrastrukturen müssen eine Reihe von Sicherheitsanforderungen erfüllen, um ein hohes Sicherheitsniveau zu erreichen. Die genauen Anforderungen können je nach nationaler Umsetzung der Richtlinie und der Art des Unternehmens variieren. Die folgenden Anforderungen sind jedoch unerlässlich und es wird Zeit brauchen, diese umzusetzen. Zu beachten ist hierbei die begrenzte Anzahl an Know-how Trägern, wodurch es besonders im dritten und vierten Quartal 2024 zu Engpässen kommen kann. Wer später nicht in Zeitdruck geraten möchte, nimmt die folgenden Themen besser schon heute auf die Agenda.
Im ersten Schritt sollten betroffene Unternehmen ihre aktuellen Sicherheitsmaßnahmen und -richtlinien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen von NIS-2 entsprechen. Gegebenenfalls müssen die Prozesse aktualisiert oder erweitert werden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Im nächsten Schritt ist es unerlässlich eine Risikobewertung durchzuführen, denn diese identifiziert die Schwachstellen in den digitalen Systemen und Diensten eines Unternehmens. Basierend auf der Risikobewertung können geeignete Sicherheitsmaßnahmen entwickelt und implementiert werden. Eine Besonderheit bei NIS-2 ist, dass Geschäftsführer bzw. Vorstände die Umsetzung überwachen müssen und für eventuelle Verstöße des Unternehmens nach nationalem Recht haftbar gemacht werden können.
Neben den Anforderungen an die Cybersecurity Governance, ist die Prävention ein ebenfalls entscheidender Faktor. Hierbei müssen Unternehmen angemessene technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) nach dem “Stand der Technik” ergreifen, um die Sicherheit ihrer Netz- und Informationssysteme zu gewährleisten. Die Unternehmen können zur Orientierung beispielsweise auf die ISO 27001:2022 zurückgreifen.   
Die Anforderungen an das Business Continuity Management (BCM) sind in NIS-2 konkret beschrieben. Für ein konformes BCM sind Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendig, wozu beispielsweise das Backup-Management, das Krisenmanagement oder das Recoverymanagement gehören. Darüber hinaus ist die Sicherheit in den Lieferketten zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass sowohl die Netz- und Informationssicherheitssysteme als auch deren physische Umwelt zu berücksichtigen sind. Zu beachten sind die hieraus entstehenden Folgen für Unternehmen, die lediglich als Lieferanten tätig sind, also nicht direkt der Regulierung unterliegen. Die Folge für beispielsweise IT-Dienstleister und andere Zulieferer ist, dass sie Lieferantenaudits unterzogen werden, in denen die Robustheit ihrer Informationstechnik geprüft wird.       
Ebenfalls unerlässlich ist ein klar definierter Incident Response Plan, um im Falle eines Sicherheitsvorfalls schnell und angemessen reagieren zu können. Unternehmen sollten sicherstellen, dass alle relevanten Mitarbeiter mit dem Plan vertraut sind und regelmäßige Übungen durchführen, um die Wirksamkeit des Plans zu testen. Hinzu kommt, dass Unternehmen dazu verpflichtet sind, ernsthafte Sicherheitsvorfälle den nationalen Behörden zu melden. Dies umfasst nicht nur tatsächliche Angriffe, sondern auch Versuche von Cyberangriffen oder andere sicherheitsrelevante Ereignisse, die Auswirkungen auf ihre Dienste haben könnten. Eine Frühwarnung muss binnen 24 Stunden und die tatsächliche Meldung des Sicherheitsvorfalls spätestens innerhalb von 72 Stunden an die zuständigen Behörden übermittelt werden. Als „erheblich“ wird ein Sicherheitsvorfall eingestuft, wenn er zu schwerwiegenden Betriebsstörungen der Dienste oder zu finanziellen Verlusten für die betroffene Einrichtung führt oder führen kann. Gleiches gilt, wenn eine natürliche oder juristische Person durch einen solchen Vorfall erheblichen materiellen oder immateriellen Schaden erfährt oder erfahren könnte.

Fazit

Insgesamt erfordert die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie ein proaktives und ganzheitliches Herangehen an das Thema Cybersicherheit. Unternehmen, die die Anforderungen der Richtlinie erfüllen und ihre digitalen Systeme und Dienste effektiv schützen, können nicht nur das Vertrauen ihrer Kunden stärken, sondern auch das Risiko von schwerwiegenden Cyberangriffen minimieren. Unternehmen, welche sich bereits mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 auseinandergesetzt haben, werden in den Anforderungen aus NIS 2 wenig neues entdecken. Die nicht unerhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs wird jedoch dazu führen, dass viele Unternehmen, die bisher nicht betroffen waren, sich frühzeitig mit der Umsetzung der geforderten Maßnahmen auseinandersetzen müssen. Für ein besseres Verständnis der Richtlinie und deren Umsetzung bietet sich eine externe Beratung an. Diese unterstützt Sie bei der Umsetzung der geforderten Maßnahmen und hilft der Geschäftsführung die Haftungsrisiken zu minimieren.       
Unsere Experten helfen Ihnen gerne weiter und stehen für offene Fragen jederzeit zur Verfügung. Durch unsere jahrelange Erfahrung aus verschiedenen Branchen helfen wir Ihnen nicht nur bei aktuellen Problemen, sondern sorgen für ein nachhaltig hohes Sicherheitsniveau in Ihrem Unternehmen.